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Helmut Schwarz fühlt sich am Neusiedlersee wie ein Fisch im Wasser

In fast jedem Beitrag, jeder Werbung und jedem Posting, das sich auf die Schönheit des Bugenlandes bezieht, geht es entweder um guten Wein oder den schönen Neusiedlersee. Obwohl ich versuche, auf Pusztavibes ein möglichst breites Bild des Burgenlandes zu zeichnen, bilde ich da keine Ausnahme. Der See ist halt eben sehr super.

Diesmal interessiere ich mich aber nicht nur für die Schönheit und den Erholungswert, sondern für Menschen, für die der See eine wirtschaftliche Grundlage bedeutet. Einer von ihnen ist Helmut Schwarz aus Oggau, einer von 13 derzeit aktiven Berufsfischern am Neusiedlersee. Ich bin also zu seinem Hof gefahren, um mich mit ihm bei einem kühlen Spritzer über sein Leben im Zeichen des Neusiedlersees zu unterhalten.

Helmuts Betrieb befindet sich – wie könnte es anders sein – in der Seegasse in Oggau. Hier können auch Fische für zu Hause eingekauft werden.

Hallo Helmut! Erzähl mir mal, wie du zum Berufsfischer geworden bist?

Naja, ich bin damit aufgewachsen. Ich bin Fischer in der 3. Generation und mein Vater arbeitet auch noch immer mit. Mein Opa ist 1903 geboren und war immer schon am See fischen. Seit den 50er Jahren gibt es den Fischereiverband und wir sind offiziell Berufsfischer. Davor war es so, dass große Bauern Fischrechte gehabt haben. Mein Großvater, meine Onkel und mein Vater waren dann alle beim Fischereiverband dabei. Gefischt wurde also in meiner Familie schon immer. Früher gingen viele im Sommer mit den Bauern fischen, die das Fischereirecht hatten mit und machten im Winter Schilf. Ich selbst wurde 1992 gleich nach der Schule Berufsfischer. Den Betrieb hatten wir schon und für mich stand es außer Frage, dass ich auch Berufsfischer werde. Wir haben auch eine Getreide-Landwirtschaft, die ich mit übernommen habe und 2001 auf Bio umgestellt habe, weil ich mit der konventionellen Landwirtschaft nicht viel anfangen konnte.

 

Wäre es auch möglich, nur von der Fischerei zu leben?

Es gibt nicht viele Fischer, die rein von der Fischerei leben. Viele haben einen Weinbau oder einen Gastronomiebetrieb dabei. Einige machen aber auch wirklich nur Fischerei, was heutzutage auch funktionieren kann, weil mehr Wert auf den Verkauf und das veredeln der Produkte gelegt wird. So erhöhen sich dann die Margen. Grundsätzlich pachten wir das Fischereirecht auf zehn Jahre, das heißt, das ist auch nicht immer eine sichere Sache. Bei der Landwirtschaft hast du halt deinen eigenen Grund und Boden und für mich fließt da genau so viel Liebe rein wie in die Fischerei. Obwohl es natürlich auch zeittechnisch oft zu Kollisionen kommt, mache ich trotzdem beides sehr gerne und kann mir nicht vorstellen, dass ich mit einem davon aufhöre. Mein Vater hat früher von Juni bis September nur die Landwirtschaft gemacht und ist dann erst wieder fischen gegangen. Nur gab es damals die Gastronomie und den Tourismus noch nicht so, dass man auch im Sommer die Ware benötigt. Die Hauptsaison ist aber nach wie vor das Frühjahr und der Herbst.

Apropos Gastronomie: In welchen Lokalen bekomme ich denn deinen Fisch?

Naja, die Hauptkunden sind unter Anderem der Taubenkobel in Schützen sowie der Sebastiankeller und das Herztröpferl in Oggau. Dann gibt es noch Andere wie zum Beispiel das Gut Purbach, die ebenfalls bei mir einkaufen, aber eben auch von anderen beliefert werden. Wer Fisch von mir für zu Hause haben will, kann natürlich jederzeit auch bei mir im Betrieb vorbeikommen.

Die beiden Boote, mit denen die Fischer auf den See fahren.

Was sind eigentlich die häufigsten Fischarten im Neusiedlersee?

Der wichtigste Fisch ist sicher der Zander. Dann gibt es den Zander, den Hecht und den Aal. Der wird aber jetzt nicht mehr besetzt (in den See gegeben). Der wurde seit den 50er Jahren besetzt, aber vermehrt sich nicht wirklich und deshalb hat das dann 2003 aufgehört. So lange wir jetzt noch Aale fangen, vermarkten wir sie auch. Früher fischten viele Fischer nur Aale mit Roisen (stationäre Vorrichtung zum Fischfang) und konnten davon leben. Damals gab es auch noch viel mehr Berufsfischer, es waren ungefähr 70 und heute sind wir 13.

Dann haben wir noch die Schleie drinnen, die aber nicht so einen hohen Stellenwert haben. Sie sind Krautlaicher, die eher im Schilfgürtel zu finden sind. Außerdem gibt es noch die Wildkarpfen, wo wir das Glück haben, eine Urform hier am See zu haben. Er zeichnet sich durch ein dunkles rotes Fleisch aus und ist fettarmer als andere Karpfen. Dieser Karpfen wird zwar weniger, aber wir haben immer noch einen Bestand an reinen Wildkarpfen. Darauf sind wir auch recht stolz.

Was zeichnet die Fische aus dem Neusiedlersee aus?

Neusiedlersee-Fische haben einen sehr speziellen Geschmack und die Zander werden von einigen Gastronomen als die besten Europas bezeichnet. Unser See ist von den Bodenverhältnissen und von der Wasserzusammensetzung her ganz eigen. Der Schlamm und der Schotter zum Beispiel passen für unsere Fische einfach ideal und das merkt man auch an der Qualität.

Man hört ja immer wieder, dass es am Neusiedlersee bei starkem Wellengang auch gefährlich werden kann. Gab es bei dir schon mal brenzlige Situationen?

Mich schmeißt es eigentlich nur im Frühjahr oder im Herbst ins Wasser, wenn es kalt ist. Das kommt halt vor. Ich bin schon öfter überraschend in einen Sturm gekommen und hatte das Fanggerät noch draußen, das würde ich schon als brenzlig bezeichnen. Aber durch die Erfahrung weiß ich natürlich genau, was ich da mache und denke nicht daran, was alles passieren könnte. Wir sind ja bis kurz vor dem Zufrieren am See und da kann es schon gefährlich werden. Ich denke aber 90% der Unfälle passieren, weil die Leute den See unterschätzen und das machen wir natürlich nicht. Dazu kennen wir ihn zu gut.

Aus Zeitgründen konnte ich bei meinem Besuch nicht mit rausfahren, deshalb hat mir Hans-Christian Siess die See-Fotos zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!

Welche Geräte verwendest du denn zum Fischen?

Hauptsächlich das Zugnetz, im Frühjahr und im Herbst fischen wir auch Aale mit einer Reuse. Dadurch, dass die Zahl der Aale jetzt zurückgeht, ist das Zugnetz aber zur Haupteinnahmequelle geworden. Dabei fischt man zu dritt. Da legt man das Netz aus und es ist ähnlich wie das Schleppnetz-Fischen am Meer. Wir schleppen aber nicht, sondern verankern uns und legen das Netz mit Seilen im Halbkreis aus. Dann ziehen wir die Seile mit einer kleinen Motorwinde zum Boot und danach ziehen wir das Netz zu dritt händisch ein. So werden hauptsächlich Karpfen und Welse gefangen und im Herbst auch Zander. Diese Fangmethode machen wir ab Juni, wenn alle Schonzeiten vorbei sind.

Für das Einholen der Zugnetze werden drei Leute benötigt. Foto: Siess

Eines der Klischees ist ja, dass die Fischer immer sehr früh aufstehen müssen. Wie ist denn dein Tagesablauf, wenn du rausfährst?

Mein Großvater ist immer im Sommer schon um drei Uhr rausgefahren und ich habe mir gedacht, das schaffe ich nicht. Um vier, wenn es hell wird, gehen wir meistens weg. Das kommt auf den Sonnenaufgang an. Im Spätherbst ist es zum Beispiel halb sechs und jetzt im Sommer eben vier. Ich bin dann übrigens draufgekommen, dass mein Großvater schon um drei draußen war, weil die Uhr damals noch nicht umgestellt wurde (lacht). Im Regelfall sind wir dann bis Mittag draußen, aber das ist verschieden und kommt darauf an, wieviel sonst gerade zu tun ist. An ganz heißen Tagen versuchen wir natürlich nicht mehr zu Mittag am See zu sein. Durch das Zugnetz kann ich es auch so variieren, dass ich nicht jeden Tag gehen muss, wenn ich zum Beispiel noch andere Arbeit mit der Landwirtschaft habe.

Was sind die größten Herausforderungen für einen Berufsfischer im Burgenland?

Die Herausforderung, die sich in den letzten Jahren immer mehr verschärft hat, ist das Wetter. Die Wetterkapriolen wie zum Beispiel die frühe Erwärmung heuer, als es im Mai schon so heiß war. Solche Südwinde, wie wir sie jetzt haben, gab es eigentlich noch nie. Das sind eigentlich schon Stürme und die hören nicht auf. Durch den Klimawandel verändert sich auch die Flora und Fauna des Sees. Zum Beispiel gab es immer schon Welse, aber nie in so einer großen Zahl wie jetzt. Zur Zeit meines Großvaters hat ein Fischer pro Jahr vielleicht zwei bis drei Welse gefangen. Als ich in den 90er Jahren begonnen habe zu fischen, wurden es dann auf einmal mehr. Der Wels ist ja ein großer Räuber, den ein Gewässer auch erst einmal ertragen können muss. Er laicht eigentlich im Juni und ist aber mittlerweile bereits Anfang Mai damit fertig, weil das Wasser wärmer ist. Deshalb kommt die Laich leichter davon und der Wels ist nicht mehr aufzuhalten. Zum Glück eignet sich der Wels als Speisefisch und lässt sich gut verkaufen, aber er wird auch relativ groß. Wir haben auch schon Welse mit 60 Kilo gefangen. Da wird bald die Herausforderung, dass wir ihn verkaufen können, weil einfach zu viele da sind. Dieses Problem haben manche Fischer jetzt bereits im Frühjahr auch in anderen Gewässern. Ich persönlich schaue, dass ich – wenn ich Welse habe – auch schon vorher Abnehmer finde.

Was wünscht du dir für die Zukunft?

Dass ich gesundheitlich am See weitermachen kann. Wenn ich zum Beispiel einen Bandscheibenvorfall hätte, wäre ich am See aufgeschmissen. Am Traktor würde mir ein besserer Sitz reichen. Und natürlich hoffe ich, dass der Klimawandel für den See gut ausgeht.

Das hoffe ich auch. Vielen Dank fürs Gespräch!

 

Helmut Schwarz  ist Berufsfischer in Oggau

Seegasse 26
7063 Oggau

Die Öffnungszeiten für den Verkauf sind:

Freitag von 09-12 Uhr

Foto: Siess
Foto: Siess

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