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Thomas Pronai und sein Plattenbau Container

Wie schon einmal hier auf Pusztavibes erwähnt, bin ich seit jeher ein großer Fan der Konzerte und Veranstaltungen in der Cselley-Mühle. Weil sich mein eigener musikalischer Background allerdings auf Musikkonsum beschränkt, wollte ich jemanden interviewen der nicht vor, sondern auf der Bühne steht. Mit dem Burgenländer Thomas Pronai habe ich einen leidenschaftlichen Musiker zu einem spannenden Gespräch über sein Musiklabel Container Recordings, die Cselley Mühle und sein eigenes Projekt Bo Candy eingeladen. In seinem kuscheligen Container hat sich Tom mit komplett analoger Technik eingerichtet und von Ja, Panik über Cari Cari bis hin zu Garish schon viele burgenländische Bands produziert.

Als ich gegen 22 Uhr den Container betrete stückelt Tom gerade ein blaues Kunststoffband zwischen zwei andere, durchsichtige Bänder. „Da ist ein Lied zu Ende. Um keinen Ton auf dem Band zu haben, wird das hier reingeklebt“ erklärt er mir. Neben der Abwesenheit von Computern macht mir diese Handlung klar, dass hier auch die technische Seite von Musik als echtes Handwerk verstanden wird. Überflüssig zu sagen, dass mir das extrem taugt. 

Wie ist Container Recordings in seiner jetztigen Form entstanden?

Die Cselley-Mühle ist zwar riesengroß und hat viele Räumlichkeiten, aber die Philosophie der Mühle ist, dass alles immer offen sein muß. Weil ich immer schon gerne in der Mühle gearbeitet habe, ist mir vor rund 6 Jahren die Idee gekommen, einen Container hier her zu stellen, damit mein Klumpert hier bleiben und ich in den Räumlichkeiten der Cselley-Mühle arbeiten kann. Der Seminarraum ist mein Aufnahmeraum und bleibt so gleichzeitig auch für Seminare offen. Ich habe dann hier genauso aufgenommen wie ich auch schon seit 15 Jahren davor aufgenommen habe.  Nach langem Überlegen habe ich mich dazu entschlossen, im Container ein komplett analoges Studio einzurichten. Vermutlich ist es das einzige dieser Art in Österreich. Es gibt zwar noch andere Analogstudios aber niemand arbeitet in dieser Vehemenz analog – also wirklich vom Anfang bis zum Ende.

Und weil ich gerne Musik mache, aber mit diesem Wirtschafts-Musikding nichts zu tun haben will, hat sich eben irgendwann mal Container Recordings ergeben. Damit gebe ich Schallplatten heraus, die in der Mühle aufgenommen wurden. Diese werden dann ohne Vertrieb unter die Leute gebracht, das heißt sie werden direkt am Konzert ans Publikum verkauft. Das ist eigentlich Container Recordings. Kleine Auflage, vorwiegend Schallplatten, analog aufgenommen und ohne Vertrieb direkt ans Publikum verkauft.

Cool. Du spielst ja selbst auch noch in einigen Bands. In wievielen Projekten bist du derzeit aktiv tätig?

Also Bo Candy ist meine eigene Band, die Tanzband Melody Men und bei Worried Man & Worried Boy spiele ich Schlagzeug… Ich glaube, das wars eigentlich eh schon. Sonst bin ich eher im Studio und hin und wieder auch als Livetechniker tätig.

Was verbindest du mit dem Ort Cselley-Mühle?

Das ist das einzige alternative Kulturzentrum, das wir hier gehabt haben. Ich habe hier meine Jugend verbracht und wurde musikalisch gebildet wenn man das so sagen kann. Hier habe ich Konzerte gesehen, die ich wahrscheilich nie woanders sehen hätte können. Da waren Bands zu Gast, die man sonst nur in einer Großstadt sieht. Das hat mich und meine Freunde sehr geprägt und von da an wusste ich, dass ich nie etwas anderes als Musik anderes machen möchte. Als ich dann mit der Studioarbeit angefangen habe war das zunächst in Wiener Neustadt mit einem Freund vom SAE. Das hat sich aber dann allerdings als nicht so cool herausgestellt und dann war eigentlich der einzige Ort, der mir eingefallen ist die Cselley-Mühle. Wo soll man denn sonst arbeiten, wenn man so etwas macht?

Wie hat sich denn die Musikszene in Österreich in den letzten Jahren verändert?

Das ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits gibt es super Entwicklungen. Junge Musiker haben wieder die Möglichkeit viel zu verkaufen, weil sich das Musikbusiness in Österreich dem internationalen Musikbusiness angepasst hat. Für die Künstler ist es also super, aber ich persönlich finde das eher nicht so cool. Ich habe es immer schön gefunden, dass es in Österreich so eine kleine Subkultur gegeben hat. Jetzt gibt es halt nur noch die Großen. Die verkaufen, die sind im Radio, die sind in der Werbung, die sind überall. Und die Kleinen fallen durch den Rost. Früher gab es eine Masse an kleinen, coolen Bands, die Gehör gefunden haben und in den Medien präsent waren. Das ist leider durch den Hype, den andere Bands auslösen mittlerweile verschwunden.

Was waren die erfolgreichsten Bands, die du hier produziert hast?

Der größte Künstler, den ich produziert habe ist sicher der Ernst Molden. Der ist überall präsent und dem hab ich vor kurzem das 4. Album produziert, er ist also sozusagen ein Stammkunde von mir.

Gibt es sonst noch so etwas wie Lieblingskunden?

Jeder Künstler, der zu mir kommt, ist super. Wenn man zu mir kommt, um etwas aufzunehmen oder zu produzieren, muss man sich gezielt dafür entscheiden, weil es ein Sound ist, den man sonst nirgends bekommt. Da muss man sich wirklich drauf einlassen. Insofern ist kein Künstler, der zu mir kommt fehl am Platz. Die überlegen sich das alle sehr gut.

Was bedeutet das eigentlich, dass du jetzt komplett analog arbeitest? Was sind die Dinge, die früher analog waren und die du jetzt auch noch analog machst?

Naja das Aufnahmemedium war bei mir lange digital, weil ich mich nicht drüber getraut habe, Bandmaschinen zu kaufen. Erstens hab ich mir gedacht: „Wer soll das reparieren, wenn es kaputt ist?“ Beim Computer habe ich da einen Freund, der sich gut auskennt. Der hat aber inzwischen auch eine Bandmaschine (lacht). Irgendwann hab ich mich dann getraut und eine gekauft. Damals war es noch recht günstig, mittlerweile kosten sie schon das 3 bis 4-fache von dem, was ich bezahlt habe. Wie ich dann gesehen habe, dass das funktioniert und dass es Künstler gibt, die das auch so wollen, habe ich das einfach ausgebaut. Vor 30 Jahren war es üblich, so zu arbeiten wie ich es jetzt noch mache.

Werden solche Geräte überhaupt noch hergestellt?

Die Bandmaschinen werden nicht mehr hergestellt, aber einige Dinge, die hier herumstehen schon noch. Ich sammle halt so altes Zeug, das leistbar und reparierbar ist. Ich habe ein paar Leute, die reparieren können, aber selbst mache ich es nicht. Das sind auch nicht mehr die Jüngsten, deshalb suche ich auch immer wieder Leute, die so etwas noch können. Mehr als Kabellöten mach ich nicht selbst.

Wie sehen die Pläne für Bo Candy aus?

Es gibt Überlegungen, aber keine Pläne. Das letzte Album ist im Herbst erschienen und zog ein sehr gutes Medienecho nach sich. Wir haben einige Konzerte gespielt, die leider schlecht besucht waren, wo aber das Feedback gleichzeitig großartig war. Ich möchte also weiter machen, weil es ja funktioniert und man diese Musik offensichtlich mag. Gleichzeitig ist es schwierig gegen die große Masse anzukämpfen. Da muss ich mir überlegen, ob ich in dieses Marktwirtschafts-Modell einsteigen will oder nicht. Solche euphorischen Rückmeldungen wie in den vergangenen Monaten habe ich in den Jahren davor noch nicht gehabt. Ich weiß also, dass es Leute gibt, die unsere Musik sehr cool finden. Aber die zu erreichen ist halt leider etwas schwierig.

Die gibt es auf jeden Fall. Ich würde es jedenfalls super finden, wenn es Bo Candy weiterhin gibt. Danke fürs Gespräch!

Wer die Arbeit von Tom einmal live sehen möchte, hat am 26.5. beim C´est la mü Festival die Möglichkeit dazu. Dort werden 6 MusikerInnen in ungewöhnlichen Paarungen gemeinsam live Lieder aufnehmen, die dann auf Platte gepresst werden. Hier der Timetable:

14.45: Raphael Sas (u.a. Der Nino aus Wien) und Mario Lang (Stimmgewitter Augustin)

16.15: Nikolaus Wolf und Stephanie Widmer (Cari Cari)

18.00: Somerset Barnard und Gabi Tragut-Kirsch (Rucki Zucki Palmencombo)

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