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Feine Schnitte in Eisenstadt

Alles hat damit begonnen, dass meine Eltern ein Buch über burgenländische Sagen herumliegen hatten. Als ich begonnen habe, die Sagen zu lesen war ich vielleicht neun oder zehn Jahre alt und alles Übernatürliche hatte einen großen Reiz auf mich. Damals wurde ich das erste Mal mit dem Konzept von Sagen vertraut gemacht und der wahre Kern der Geschichten übte eine unheimliche Faszination auf mich aus. Natürlich war meine Interpretation des Wahren Kernes damals noch weniger die Moral der Geschichten sondern eher die Teufel, Kobolde, Monster und Feen, die in diesen Sagen vorkamen.

Als ich einige Jahre später wieder in das Buch schaute, waren für mich nicht nur die Geschichten, sondern vor allem die Illustrationen in diesem Buch enorm cool. Als Kind hatte ich diese eher unbewusst wahrgenommen, aber natürlich haben sie meine Vorstellungen und (Alb-)Träume befeuert.

Hier ist das 1986 erschienene Buch, das mir als Kind wohltuende Schauer über den Rücken jagte.

Ich war bereits Mitte Zwanzig, als mir wieder einmal das 1986 erschienene Buch in die Hände gefallen ist und mir auffiel, dass die Scherenschnitt Illustrationen von Liane Presich-Petuelli stammen und dass es da eine Namensgleichheit mit einer sehr gute Freundin von mir gibt. Tatsächlich handelte es sich dabei um ihre Oma. Als ich Liane dann erzählt habe, dass ich ihre Arbeit gern mag, hat sie mir dann einen Scherenschnitt aus dem Buch geschenkt. Und weil mir dieses Kunstwerk extrem gut gefällt und ich ihr Sagenprojekt noch immer spannend finde, habe ich beschlossen sie zu Hause in Eisenstadt zu besuchen und mit ihr ein kleines Interview über ihre Arbeit und ihr Leben zu führen.

 

Wie ist das Sagenbuch eigentlich zustande gekommen?

Das war eine sehr romantische Stimmung, aus der das Buch entstanden ist. Wir hatten eine Veranstaltung im Schlosshof der Burg Schlaining. Nach Ende der Veranstaltung sind dann einige Leute draußen gestanden, unter Anderem auch der Dr. Mayer, der die Texte für das Buch zusammengestellt hat. Mir hat die Burg und der Mond so gefallen, dass ich gesagt habe, ich würde gerne Scherenschnitte davon machen. Und warum machen wir keine Scherenschnitte über burgenländische Sagen? Dr. Mayer hat zugestimmt und gesagt, er hätte sehr viele Texte. Nachdem er mir die Texte gebracht hat, haben wir sie nach Bezirken geordnet und so ist das Ganze dann entstanden. Weil ich damals noch nicht so viel bunt gearbeitet habe, haben wir uns auf schwarz weiß geeinigt und ich habe Szenen aus dem betreffenden Text illustriert. Das war ein Jahr Arbeit, wir hatten insgesamt 80 Sagen und mussten sicher gehen, dass jeder Bezirk dabei ist. Außerdem hab ich die Texte adaptiert, denn jeder Text musste für das Layout auf nur eine Seite passen. Sie durften also nicht zu lang sein. Herr Dr. Mayer hat dann außerdem noch eine historisch fundierte Erklärung zu jeder Sage geschrieben.

Die Zebras sind eine Arbeit aus einem anderen Projekt. Mir haben sie so gut gefallen, dass ich sie mir am liebsten sofort aufgehängt hätte.

Wie lang sind Sie denn im Schnitt an so einem Bild wie aus diesem Buch gesessen?

Ich habe für jedes Bild mindestens eine Woche gebraucht. Weil ich damals noch Vollzeit gearbeitet habe, hatte ich ja auch nicht uneingeschränkt Zeit dafür. Jetzt habe ich zwei dicke Alben mit den Originalen, mit denen wir auch einige Ausstellungen gemacht haben. Ich weiß gar nicht mehr, wo wir das präsentiert haben, ich glaube im Landesmuseum. Mein Leben ist so lang, dass ich vieles schon vergessen habe (lacht). Ich habe die Orte übrigens nicht nach bestimmten Merkmalen ausgewählt, sondern das, was ich bekommen habe, hab ich genommen. Bei jeder Sage habe ich mir die Szene herausgenommen, die mir gefallen hat und diese dann zu Papier gebracht. Wir haben dann auch Karten der Schauplätze und Sagenmotive hineingenommen, damit das Ganze auch einen wissenschaftlichen Anstrich bekommt. Das Buch hatte also ziemlich viel Hintergrund.

Scherenschnitt Werkzeug
Mit solchen einfachen, kleinen Scheren werden die Bilder angefertigt. Wichtig ist jedoch, dass die Scheren immer gut geschliffen sind.

Wie sind Sie auf die Scherenschnitt-Technik gekommen?

Das habe ich in Eigenregie gelernt. Als ich das Buch gemacht habe, hatte ich schon sehr viel Übung und meine Technik extrem verfeinert. Ich habe schon als Kind damit begonnen und es war genetisch bedingt. Irgendein Urgroßvater von mir war nämlich ein Holzschnitzer. Der ist mit seinem Bruder aus dem Friaul in Oberitalien eingewandert und die beiden sind dann als Wanderarbeiter hier in Österreich hängengeblieben.

Was verbinden Sie mit dem Burgenland?

Ja, ich bin hier geboren, ich bin in Eisenstadt geboren. Meine letzten Dienstjahre habe ich auch im Gymnasium der Kurzwiese Eisenstadt gemacht. Vorher habe ich in Oberschützen unterrichtet, wo ich auch eine Dorfgeschichte von Oberschützen geschrieben habe. Ich habe Geschichte und Musik unterrichtet, wobei Musik mein Hauptfach war. Alles Andere ist so nebenbei gewachsen.

Hier präsentiert Liane eine ihrer neueren Arbeiten. Ihr Stil ist nun etwas gröber und bunter geworden.

Was machen Sie außer den Scherenschnitten sonst noch künstlerisch?

Bald fahr ich wieder nach Wien, dort habe ich eine Finnisage in der Ringstraßengallerie, wo Bilder von mir hängen. Musikalische Auftritte absolviere ich auch noch und auch mit Lyrik habe ich mich befasst. Ich habe auch zwei Gedichtbände herausgegeben, von denen einer auf Russisch übersetzt wurde. Was die Scherenschnitte betrifft, muss ich jetzt gerade meinen Stil etwas ändern. Bei den detaillierten Bildern spielen meine Augen leider nicht mehr ganz mit. Deshalb versuche ich jetzt ein bisschen gröber zu arbeiten. Kennen Sie die Scherenschnitte von Henri Matisse? Daran mag ich mich jetzt orientieren, natürlich ohne ihn zu kopieren. Man arbeitet einfach mit dem, was man hat.

Einer der original Scherenschnitte aus dem Sagenbuch. Das Bild erinnerte mich an diese Folge der Serie Storyteller von Jim Henson.

2 Comments on “Feine Schnitte in Eisenstadt

    1. Hi Michaela!

      Danke für den Kommentar. Leider hat Frau Presich keinen Computer, aber ich werde ihr das Lob weitergeben.
      Lg,
      Reini

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